Mit der Einführung der Google V2 Cookie Consent Policy (auch bekannt als Google Consent Mode V2) hat Google Anfang 2024 einen neuen Standard für das Management von Einwilligungen im Online-Marketing etabliert. Diese Policy regelt, wie Webseitenbetreiber den Umgang mit Cookies und Tracking-Technologien gestalten müssen, wenn sie weiterhin Dienste wie Google Ads, Google Analytics oder Floodlight-Tags rechtskonform nutzen wollen.
Für die Schweiz, die seit dem 1. September 2023 ein revidiertes Datenschutzgesetz (DSG) kennt, ist diese Entwicklung hochrelevant. Zwar richtet sich Googles Policy primär an die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie der ePrivacy-Richtlinie, doch durch den engen wirtschaftlichen und digitalen Verflechtungsgrad zwischen der Schweiz und der EU haben auch Schweizer Unternehmen faktisch keine Wahl: Wer Google-Dienste einsetzt oder international agiert, muss die neuen Anforderungen erfüllen.
1. Technische Grundlagen von Consent Mode V2
Google Consent Mode V2 unterscheidet zwei zentrale Signalarten, die über das Consent-Management-Framework (z. B. IAB TCF 2.2 oder proprietäre CMPs) an Google übermittelt werden:
- ad_storage: Steuert, ob Werbe-Cookies gespeichert und ausgelesen werden dürfen.
- analytics_storage: Regelt den Einsatz von Cookies für Analysezwecke (z. B. Google Analytics).
Mit der Version V2 sind zwei zusätzliche Signalparameter hinzugekommen:
- ad_user_data: Steuerung, ob personenbezogene Daten (z. B. für personalisierte Werbung) an Google übermittelt werden dürfen.
- ad_personalization: Entscheidet, ob die erfassten Daten zur Erstellung von personalisierten Profilen oder für Remarketing verwendet werden dürfen.
Diese Signale erlauben eine granulare Steuerung, wie weit Tracking- und Personalisierungsprozesse gehen dürfen. Sie sind damit zentral für die Unterscheidung zwischen funktionalem Tracking (z. B. Reichweitenmessung) und profilbasierter Werbung.
2. Verpflichtung zur Implementierung
Seit März 2024 verlangt Google zwingend die Integration von Consent Mode V2, wenn Webseitenbetreiber in der EU weiterhin personalisierte Anzeigen ausspielen oder Messdaten über Google Analytics 4 (GA4) erheben wollen. Fehlt die Implementierung, können Daten nicht mehr in vollem Umfang verarbeitet werden, was insbesondere das Conversion-Tracking und die Attributionsmodelle beeinträchtigt.
Auch wenn die Schweiz formal nicht Teil des EU-Rechtsraums ist, betrifft dies faktisch:
- Schweizer Onlineshops, die Kunden in der EU bedienen.
- Medienhäuser und Publisher, die Google Ads vermarkten.
- Unternehmen, die Google Analytics oder Google Tag Manager verwenden.
Die Policy entfaltet also einen faktischen extraterritorialen Effekt: Ohne Compliance ist die Nutzung zentraler Google-Dienste eingeschränkt oder gar nicht möglich.
3. Relevanz im Kontext des Schweizer Datenschutzgesetzes (DSG)
Das revidierte DSG enthält ähnliche Grundprinzipien wie die DSGVO:
- Transparenz: Nutzer müssen über Zweck, Art und Empfänger der Datenbearbeitung informiert werden.
- Verhältnismässigkeit: Nur so viele Daten wie nötig dürfen bearbeitet werden.
- Rechtfertigungspflicht: Eingriffe in die Persönlichkeit erfordern entweder Einwilligung oder überwiegende Interessen.
Besonders heikel ist im Schweizer Recht die Abgrenzung zwischen einfachem Profiling (Opt-out möglich) und Profiling mit hohem Risiko (Opt-in erforderlich). Die zusätzlichen Signale in Consent Mode V2 – insbesondere ad_user_data und ad_personalization – adressieren genau diesen Unterschied. Damit lässt sich technisch nachvollziehbar steuern, ob lediglich aggregierte Reichweitendaten erhoben werden oder ob ein risikobehaftetes Tracking mit individuellen Nutzerprofilen erfolgt.
Für Schweizer Unternehmen bedeutet dies:
- Wer Consent Mode V2 sauber implementiert, kann rechtliche Risiken minimieren und die Anforderungen von Art. 6 DSG (Einwilligung und Information) erfüllen.
- Die Implementierung unterstützt die Nachweisbarkeit („Accountability“) gemäss DSG, da die Signale protokolliert und dokumentiert werden können.
4. Technische Implikationen für Schweizer Webseitenbetreiber
Die Umsetzung von Google V2 Consent Mode ist nicht trivial und betrifft mehrere Ebenen der Webarchitektur:
- Tag Management: Anpassung des Google Tag Managers oder anderer Tagging-Systeme.
- CMP-Integration: Nur CMPs, die das IAB TCF 2.2 oder vergleichbare Standards unterstützen, können die erforderlichen Signale automatisiert an Google weitergeben.
- Server-Side Tracking: Viele Schweizer Unternehmen verlagern Tracking-Mechanismen auf serverseitige Lösungen.
- Datenminimierung: Consent Mode V2 erzwingt eine saubere Trennung zwischen anonymisierten Daten und personenbezogenen Profilinformationen.
5. Risiken bei Nicht-Umsetzung
- Funktionale Einschränkungen: Kein vollständiges Conversion-Tracking mehr, verzerrte Analyseberichte.
- Rechtsrisiken: Fehlende Einwilligungen können als Verstoss gegen DSG und DSGVO gewertet werden.
- Vertrauensverlust: Transparente Consent-Banner werden zunehmend zum Wettbewerbsvorteil.
6. Warum das auch für die Schweiz wichtig ist
- Wirtschaftliche Verflechtung: Schweizer Unternehmen bedienen einen grossen Teil ihres Marktes in der EU.
- Rechtliche Harmonisierung: Das neue DSG ist stark an die DSGVO angelehnt.
- Vertrauensfaktor: Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten erwarten Transparenz.
- Zukunftssicherheit: Consent Mode V2 wird zum globalen Standard im Werbe-Ökosystem.
Fazit
Die Google V2 Cookie Consent Policy ist mehr als nur ein technisches Update – sie markiert einen Paradigmenwechsel im Zusammenspiel von Tracking-Technologien, Werbeökonomie und Datenschutz. Für die Schweiz bedeutet das: Auch wenn die Regelungen formal aus der EU stammen, ist die faktische Wirkung direkt spürbar.
Unternehmen, die Google-Dienste einsetzen, müssen Consent Mode V2 zwingend implementieren, um sowohl rechtliche Konformität als auch funktionale Datenqualität sicherzustellen. Damit wird deutlich: Datenschutz ist längst nicht mehr nur eine regulatorische Pflicht, sondern ein integraler Bestandteil einer nachhaltigen digitalen Strategie.